Vorsorgevollmacht

Oft kommen Mandanten zu mir mit dem Wunsch Ihre Vertretungsangelegenheiten bezogen auf ihre eigene Gesundheit oder andere Angelegenheiten für die Zukunft regeln zu wollen. Dabei kommt stehts die Frage auf, wie man denn am besten vorsorgen kann. In diesem Beitrag möchte ich einen kurzen Überblick über das Instrument der Vorsorgevollmacht geben. 

Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung?

Hier muss man sich die konkrete Lebenssituation der fragenden Person ansehen. Eine Patientenverfügung zielt darauf ab, im Krankheitsfall oder bedingt durch einen Unfall, bestimmte medizinische Behandlungen im Vorfeld auszuschließen.

In einer verbindlichen Patientenverfügung muss daher den Ärzten eine konkrete Anweisung gegeben werden, in welchen Situationen, welche Behandlung nicht durchgeführt werden soll. Die meisten Personen haben, wenn sie mich aufsuchen, jedoch keine spezifische Krankheit, anhand derer sich ein konkretes Behandlungsszenario abzeichnet. Eine verbindliche Patientenverfügung ist meiner Ansicht nach daher nur für jene Fälle geeignet, in denen der Betroffene wegen einer bestehenden Krankheit bereits mit einer bestimmten medizinisch indizierten Behandlungsform rechnen kann, diese jedoch (teilweise) ablehnt und dafür Vorsorge treffen möchte.

In all jenen Fällen, in denen die betroffene Person künftige Entscheidungen ihres Gesundheitszustandes, aber auch andere Angelegenheiten, in den richtigen Händen wissen will, kommen wir oft auf die Möglichkeit der Errichtung einer Vorsorgevollmacht zu sprechen.

Vorsorgevollmacht – was bedeutet das?

  • Die Vorsorgevollmacht ist ein gesetzlich geregeltes Rechtswerkzeug, mit dessen Hilfe man für den Fall einer künftigen Geschäftsunfähigkeit vorab festlegen kann, welche Person(en) in welchen Angelegenheiten für einen selbst handeln dürfen. Die Vollmachtbefugnis des/der Bevollmächtigten stellt somit ein Handeln-DÜRFEN im Außenverhältnis, also zwischen dem Bevollmächtigten (Vollmachtnehmer) und einem Drittem dar.
  • Eine Vollmacht kann durch einen gleichzeitigen Auftrag im Innenverhältnis beschränkt werden. Diese Beschränkung wirkt jedoch nicht gegenüber Dritten. Es bedarf daher eines besonderen Vertrauensverhältnisses, jemanden mit einer umfassenden Vollmacht auszustatten.
  • Eine Vorsorgevollmacht ersetzt in vielen Fällen die Bestellung eines Erwachsenenvertreters. Damit werden der/die Bevollmächtigte(n) – im Gegensatz zum Erwachsenenvertreter – lediglich in Ausnahmefällen, nämlich nur bei einem durch das Pflegschaftsgericht festgestellten Überwachungsbedarf kontrolliert. Ob ein Überwachungsbedarf besteht, kann erst nach entsprechenden Erhebungen des Gerichtes über die Fähigkeiten und die Verlässlichkeit der/des Bevollmächtigte(n) beantwortet werden. Die Auswahl der Bevollmächtigten ist daher mit Bedacht zu treffen.

Welche Arten von Bevollmächtigungen können erteilt werden?

Zunächst ist vom Betroffenen Vollmachtgeber zu entscheiden, von wem er sich in welchen Angelegenheiten vertreten lassen möchte.

Grundsätzlich bestehen folgende Vertretungsmöglichkeiten:

  • getrennte Einzelvollmachten
  • Doppelvollmacht
  • Ersatzvollmacht
  • Untervollmacht

Getrennte Einzelvollmacht

Bei einer getrennten Einzelvollmacht werden verschiedene Personen für verschiedene Teilbereiche als Vertreter eingesetzt. Dies geschieht meist vor dem Hintergrund, dass sich ein bestimmter Vertreter eher für finanzielle Angelegenheiten eignet, ein anderer jedoch in medizinischen bzw. gesundheitlichen Angelegenheiten oder in Angelegenheiten des Wohnens „bessere“ Entscheidungen treffen kann. Die Problematik von getrennten Einzelvollmachten ist jedoch, dass vielfach Entscheidungen des Wohnens auch den Entscheidungsbereich der Finanzen betreffen und es daher zu Überlappungen und uU auch Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bevollmächtigten kommen kann. Es bedarf daher in diesen Fällen einer besonders umsichtigen Vertragsgestaltung.

Doppelvollmacht

Hier setzt der Vollmachtgeber zwei Personen ein, die ihn vertreten können. Dabei kann der Vollmachgeber bestimmen, ob beide Personen ihn nur gemeinsam vertreten können oder aber jeder Vertreter den Vollmachtgeber in allen Angelegenheiten auch alleine vertreten darf.

Eine gemeinsame Vertretung – nach dem 4 Augen Prinzip – bietet eine gewisse gegenseitige Kontrolle und kann vor einem Vollmachtmissbrauch schützen. Die Kehrseite ist hier wiederum eine mögliche Unstimmigkeit zwischen den Bevollmächtigten. Um dennoch in wichtigen Fällen handeln zu können, gilt es vertraglich für diese Fälle, aber auch für Fälle einer getrennten Doppelvertretung, klare Handlungsregelungen zu schaffen.

Ersatzvollmacht

Bei der Ersatzvollmacht bestimmt der Vollmachtgeber eine zweite Person, die für den Fall, dass der Bevollmächtigte aus bestimmten Gründen (z.B., Urlaub, längere Verhinderung wegen Krankheit oder Tod) nicht mehr handeln kann, ersatzweise einschreitet. Der Ersatzvollmachtnehmer bietet somit die Sicherheit einer lückenlosen Vertretung.

Untervollmacht

Dem Bevollmächtigten kann in der Vorsorgevollmacht die Erlaubnis erteilt werden, einer dritten Person die eigene Vertretungsbefugnis in bestimmten Vertretungsangelegenheiten weiterzugeben. Ob tatsächlich eine Untervollmacht erteilt wird, bestimmt jedoch der Bevollmächtigte und nicht der Vollmachtgeber. Andererseits kann die Erteilung von Untervollmachten in manchen Fällen organisatorische Flexibilität mit sich bringen.

Was steht in einer Vorsorgevollmacht?

Die jeweiligen Vertretungsbereiche werden im Rahmen der anwaltlichen Beratung individuell besprochen und abgesteckt und können sehr weitreichend oder aber lediglich für einen bestimmten Lebensbereich des Vollmachtgebers gefasst werden. Beispielhaft geht es in vielen Fällen um die Vertretungsbefugnis folgender Lebensbereiche:

  • Fragen der Vertretung in alltäglichen oder auch nicht alltäglichen (außerordentlichen) Geschäften
  • Fragen der Erledigung von Bankgeschäften und Vermögensverwaltung
  • Fragen der Bestimmung des Wohnortes und Auflösung des Haushaltes
  • Fragen der Verwaltung, Belastung oder Verfügung von Liegenschaften oder Wohnungen
  • Fragen der eigenen Gesundheit und medizinischen Maßnahmen
  • Fragen der Vertretung vor Behörden, Gerichten oder sonstigen Institutionen

Wann ist die Vorsorgevollmacht wirksam?

Die Errichtung einer Vorsorgevollmacht bewirkt noch nicht, dass jemand für einen handeln darf. Die Vorsorgevollmacht tritt erst mit dem Verlust der eigenen Geschäftsfähigkeit oder Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder Äußerungsfähigkeit in Kraft. Dieser Zustand muss zwingend mittels ärztlichem Zeugnis bescheinigt werden, bevor die Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht im Register des österreichischen Vertretungsverzeichnisses registriert werden kann. Die Vorsorgevollmacht wird somit erst dann wirksam und dürfen der/die Bevollmächtigte(n) ausschließlich erst dann für den/die Vollmachtgeberin handeln, wenn der Eintritt des Vorsorgefalles nach Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses im österreichischen Vertretungsverzeichnis registriert wurde.

Kann man die Vorsorgevollmacht widerrufen?

Ja, die Vorsorgevollmacht kann vom Vollmachtgeber jederzeit, somit auch nach dem Verlust der Entscheidungsfähigkeit, widerrufen werden. Für den Widerruf genügt es, wenn die vertretene Person zu erkennen gibt, dass sie nicht mehr vertreten sein will. Der Widerruf der Vorsorgevollmacht wird in das Österreichische Vertretungsverzeichnis registriert, sodass allgemein das Erlöschen der Vorsorgevollmacht ersichtlich ist.

Muss die Vorsorgevollmacht notariell beglaubigt werden?

Nicht immer – es kommt darauf an, welche Angelegenheiten in einer Vorsorgevollmacht geregelt werden. Betrifft etwa der Vertretungsumfang auch die Möglichkeit grundbücherliche Verfügungen über Liegenschaften oder Wohnungen zu treffen (Belastung oder Verkauf), so ist eine notarielle Beglaubigung erforderlich. Auch im Falle, dass der Bevollmächtigte in Bankangelegenheiten vertreten soll, ist eine notarielle Beglaubigung zu empfehlen, da die meisten Bankinstitute in Ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen eine beglaubigte Vertretungsbefugnis verlangen.

Eine notarielle Beglaubigung kann jedoch leicht vom Vertragserrichter organisiert werden.

 

Bei Fragen zum Thema Erwachsenenvertretung, Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung vereinbaren Sie gerne einen Termin für ein Erstgespräch.

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