Pflichtteil in Österreich

In Österreich gibt es ein zwingendes Pflichtteilsrecht zu Gunsten der Nachkommen und des Ehepartners bzw. eingetragenen Partners. Diese erhalten daher jedenfalls unabhängig von einem errichteten Testament einen Teil des Nachlasses. Der Pflichtteil entspricht immer der Hälfte des jeweils gesetzlich zustehenden Erbteils. Es muss daher anhand der konkreten Familiensituation zunächst der gesetzliche Erbteil zur Berechnung des Pflichtteils ermittelt werden. Im Rahmen einer letztwilligen Verfügung kann der Pflichtteil unter bestimmten Voraussetzungen auch gemindert werden. Weiters kann im Rahmen einer Testamentserrichtung überprüft werden, ob darüber hinaus Gründe bestehen, um den Pflichtteil sogar gänzlich zu entziehen (Enterbung).

Pflichtteil des Ehegatten bzw. eingetragenen Partners

Hatte der Verstorbene leibliche Kinder, so beträgt der gesetzliche Erbteil des Ehegatten stets 1/3-tel des Nachlasses. Der Pflichtteilsanspruch des Ehegatten entspricht daher 1/6 des reinen Nachlasses (= die Hälfte des gesetzlichen Erbteils). Ist ein Kind des Verstorbenen bereits vorverstorben, so erhöht sich der Pflichtteil des Ehegatten nicht, sondern geht dieser Pflichtteilsanspruch auf dessen Nachkommen, somit die Enkelkinder, über.

Hinweis: Die Kinder des vorverstorbenen Ehegatten oder eingetragenen Partners, die nicht gleichzeitig Kinder des Verstorbenen sind, erben nicht. Möchte man seinen Stiefkindern daher etwas zuwenden, muss ein Testament errichtet werden.

Sind zwar keine Kinder, aber noch die Eltern des Verstorbenen vorhanden, beläuft sich der gesetzliche Erbteil des Ehegatten neben den Eltern auf 2/3-tel des Nachlasses. Der Pflichtteilsanspruch des Ehegatten entspricht in diesem Fall 1/3 des reinen Nachlasses. Ist ein Elternteil bereits verstorben, so wird dem Ehegatten der Erbteil des verstorbenen Elternteils zugerechnet. Entsprechend erhöht sich dadurch der Pflichtteilsanspruch des Ehegatten auf 5/12-tel des Nachlasses.

Neben Großeltern und Urgroßeltern, erbt der Ehegatte oder eingetragene Partner alles. Der Pflichtteil des Ehegatten beträgt daher 1/2 des Nachlasses.

Beispiel:
Die Verstorbene ist in zweiter Ehe mit B verheiratet und hinterlässt zwei Kinder X und Y aus erster Ehe.

Variante 1: Im Testament setzt er seine beiden Kinder zu gleichen Teilen als Erben ein. B hat als Ehegattin einen Pflichtteilsanspruch gegen die Kinder im Ausmaß von 1/6-tel des Nachlasses.

Variante 2: Im Testament setzt er seine zweite Gattin B als Alleinerbin ein. Die Kinder X und Y haben jeweils einen Pflichtteilsanspruch im Ausmaß von 1/6-tel des Nachlasses.

Pflichtteil der Kinder

Den leiblichen oder adoptierten Kindern des Verstorbenen steht ebenfalls ein Pflichtteil zu. Die Höhe des Pflichtteils richtet sich nach der Hälfte ihres jeweiligen gesetzlichen Erbrechts. Für die konkrete Berechnung der Pflichtteile kommt es daher darauf an, wie viele berechtigte Kinder es gibt und ob der Verstorbene im Zeitpunkt des Todes verheiratet oder verpartnert war. Neben dem Ehegatten beläuft sich etwa der gesetzliche Erbteil aller Kinder auf 2/3-tel. Der Pflichtteil aller Kinder beträgt demnach 1/3-tel und wird entsprechende der Anzahl der Kinder aufgeteilt. Man muss sich also die individuelle Situation genau ansehen. Es finden sich weiter unten jedoch ein paar Beispiele.

Ist ein Kind des Verstorbenen bereits vorverstorben geht dieser Pflichtteilsanspruch auf dessen Nachkommen, somit die Enkelkinder, über.

Beispiel 1:
Die Verstorbene hinterlässt ihre eingetragene Partnerin und ein Kind. Der Pflichtteilsanspruch der Partnerin beträgt 1/6-tel (=Hälfte von 1/3-tel). Jener Pflichtteilsanspruch des Kindes beträgt 1/3-tel (= Hälfte von 2/3-tel).

Beispiel 2:
Die Verstorbene ist nicht verheiratet und hinterlässt 3 Kinder, A, B und C. A ist bereits vorverstorben, hat jedoch selbst zwei Kinder X und Y. Die Verstorbene vermacht ihr gesamtes Vermögen einer gemeinnützigen Organisation. Die Erbquote aller Kinder beträgt 1/3-tel. B und C erhalten daher jeweils 1/6-tel des Nachlasses als Pflichtteil. X und Y müssen sich das weitere 1/6-teil des vorverstorbenen A teilen und erhalten je 1/12-tel des Nachlasses als Pflichtteil.

Konkret kommt es bei der Berechnung des Pflichtteils eben darauf an, wie viele Berechtigte es gibt oder auch ob es zu Lebzeiten des Verstorbenen Schenkungen gegeben hat, welche auf die Pflichtteilsansprüche anzurechnen sind (sh dazu Schenkungspflichtteil). Man muss sich also die individuelle Situation genau ansehen. Hier kann ich Ihnen gerne im Rahmen eines Erstgespräches einen Überblick über Ihre Ansprüche geben.

Vielen Hinterbliebenen hilft es außerdem, wenn der Erblasser eine Stundung des Pflichtteilsanspruches in seiner letztwilligen Verfügung vorsieht, sodass der Pflichtteilsanspruch nicht gleich erfüllt werden muss.

Manche Familiensituationen können erbrechtlich betrachtet sehr verstrickt sein. Bei Fragen zum Thema Erbrecht und Testament vereinbaren Sie gerne einen Termin für ein Erstgespräch.

Schreiben Sie ein E-Mail an office@kanzlei-rauf.at oder rufen Sie mich einfach direkt unter +43 664 925 5245 an. Sie können natürlich auch das Kontaktformular auf meiner Website nutzen.

 

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