Erbverzicht in Österreich

Wer über sein Erbrecht gültig verfügen kann, kann auch durch Vertrag mit dem Verstorbenen im Voraus darauf verzichten. Der Vertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsakts oder der Beurkundung durch gerichtliches Protokoll; die Aufhebung des Vertrags bedarf der Schriftform.

Soweit nichts anderes vereinbart ist, erstreckt sich ein solcher Verzicht auch auf den Pflichtteil und auf die Nachkommen.

Worum geht es?

Ein Erbverzicht ist ein formpflichtiger Vertrag mit dem Verstorbenen zu dessen Lebzeiten, in dem jemand auf sein zukünftiges Erbe verzichtet.

Wenn man in Österreich von einem Erbverzicht spricht, ist in den überwiegenden Fällen eigentlich ein Verzicht auf den gesetzlichen Pflichtteil gemeint. Durch ein Testament kann der Verstorbene selbständig bestimmen, wer Erbe ist. Er muss jedoch dabei die gesetzlich zwingenden Pflichtteilsansprüche von Kindern und Ehegatten bzw. eingetragenen Partnern beachten. Verzichtet man nun mittels Erbverzicht auf sein zukünftiges Erbe, so ist damit auch der Pflichtteil mitgemeint.

Erb- und Pflichtteilsverzicht

Ein Erb- und Pflichtteilsverzicht muss in Österreich als Notariatsakt abgeschlossen oder gerichtlich zu Protokoll gegeben werden, um wirksam zu Stande zu kommen. Der Verzichtende erklärt hierbei auf seinen Erb- und Pflichtteil zu verzichten und der Verstorbene nimmt diesen Verzicht an. Bei der Gestaltung eines Erb- und Pflichtteilsverzichtes können verschiedene weitere Punkte geregelt werden, zB ob der Verzicht gegen Bezahlung eines Entgeltes erfolgt oder nicht. Es besteht auch die Möglichkeit nur auf seinen gesetzlichen Erbteil oder auch nur auf den Pflichtteil zu verzichten, dies muss jedoch ausdrücklich im Vertrag festgehalten werden. Im Zweifel erstreckt sich nach § 551 Abs 2 ABGB ein Erbverzicht auch auf den Pflichtteil und auf die Nachkommen. Wenn also nichts anderes geregelt ist, verzichtet man bei einem Erbverzicht auch auf Pflichtteilsansprüche und zwar auch auf jene Pflichtteilsansprüche der eigenen Kinder, die im Fall, dass man selbst vorverstirbt zum Zug kommen würden.

Bei der Vertragsgestaltung ist daher stets auch auf die familiäre Situation und weitere pflichtteilsberechtigte Personen Rücksicht zu nehmen. In jedem Fall lohnt es sich daher vorab fachkundigen Rat zur Gestaltung des Erb- und Pflichtteilsverzichtes einzuholen.

Ein Erbverzicht dient häufig dazu seinen letzten Willen flexibler, also frei von bestehenden Pflichtteilsansprüchen, regeln zu können. Ein Erb – und Pflichtteilsverzicht ist eine Möglichkeit bereits zu Lebzeiten bestehende Pflichtteilsansprüche auszubezahlen.

Hinweise: Wird für einen Erb- bzw. Pflichtteilsverzicht eine Abfindung bezahlt, gilt diese anrechnungspflichtige Schenkung iSd § 781 ABGB.
Ein Pflichtteilsverzicht führt nicht zur Erhöhung der Quote der anderen Pflichtteilsberechtigten, außer es wurde ausdrücklich vereinbart (§ 760 ABGB).

Zusätzliche Abschlussvoraussetzungen:

Beim Verzichtenden:

  • Wie bei jedem anderen Vertrag, muss der verzichtende grundsätzlich geschäftsfähig sein
  • Will man sich bei der Abgabe des Verzichtes vertreten lassen, weil man zB im Ausland lebt, so benötigt man dafür eine Spezialvollmacht, mit der ein Vertreter dann die Verzichtserklärung abgeben kann
  • Ist der Verzichtende minderjährig, so muss neben der Zustimmung beider Obsorge berechtigten Elterntele auch die Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes eingeholt werden.

Beim Verstorbenen:

  • Wird der Erbverzicht gegen Zahlung einer Abfindung abgeschlossen, muss der Verstorbene jedenfalls geschäftsfähig sein; ohne Abfindung reicht es, wenn der Verstorbene lediglich testierfähig ist, also in Grundzügen versteht, dass nun jemand auf sein Erbe- bzw. den Pflichtteil verzichtet.
  • Der Verstorbene kann auch rechtsgeschäftlich vertreten werden. Hier muss allerdings eine Gattungsvollmacht vorliegen, zB im Rahmen einer bestehenden Vorsorgevollmacht.

Erbausschlagung

Der Erbe kann die Erbschaft gemäß § 803ff ABGB auch ausschlagen. Das bedeutet, dass er beschließt das Erbe nicht anzutreten. Es ist jedoch nicht zulässig, die Erbschaft teilweise oder unter dem Vorbehalt des Pflichtteiles ausschlagen. Wenn man das Erbe antritt, muss man dies in vollem Umfang tun.

Will man die Erbschaft ausschlagen, so kann man dies im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens dem zuständigen Gerichtskommissär (Notar) mitteilen. Hat man einmal das Erbe ausgeschlagen, so kann diese Erklärung nicht widerrufen werden. Es sollte daher gut überlegt werden, ob man ein Erbe ausschlägt. Besser ist es sich im Zweifel vorab fachkundigen Rat einzuholen.

Erbe und Schulden

 In diesem Zusammenhang bestehen sehr viele Mythen, die es aufzuklären gibt.

Haftet man als Erbe für Schulden des Verstorbenen? Das kommt darauf an, und zwar je nachdem, mit welcher Erklärung man das Erbe angenommen hat.

Im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens wird man vom zuständigen Gerichtskommissär dazu befragt (und vorab über die Folgen informiert), ob man die Erbschaft bedingt oder unbedingt antreten möchte.

Bedingte Erbantrittserklärung: nimmt man das Erbe bedingt an, so haftet man für allfällige Schulden des Nachlasses nur mit jenem Betrag, der einem durch die Erbschaft zufällt. Man haftet daher zwar für bestehende Schulden, aber nur beschränkt mit seinem Erbteil.

Unbedingte Erbantrittserklärung: nimmt man das Erbe unbedingt an, so haftet man für allfällige Schulden des Nachlasses nicht nur mit seinem Erbteil, sondern darüber hinaus auch mit seinem gesamten Privatvermögen.

Überschuldeter Nachlass – Überlassung an Zahlungsstatt

Ist ein Nachlass überschuldet und liegt keine unbedingte Erbantrittserklärung vorliegt, so wird der Nachlass in der Regel (und vereinfacht gesagt) demjenigen überlassen, der die Begräbniskosten getragen hat. Schulden werden in diesem Zusammenhang nicht übernommen. Das überlassene Nachlassvermögen soll zur Abdeckung der bezahlten Begräbniskosten dienen. Diesen Vorgang nennt man Überlassung an Zahlungsstatt. 

 

Sind Sie sich unsicher oder haben Fragen zum Thema Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren vereinbaren Sie gerne einen Termin für ein Erstgespräch.

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