Tschechien
Gesetzliche Erbfolge
Mit Wirkung zum 1.1.2014 ist in Tschechien ein neues Zivilgesetzbuch in Kraft getreten. Das Erbrecht wurde damit tiefgreifend geändert.
Die gesetzliche Erbfolge bestimmt sich nach Ordnungen; dabei schließt die vorausgehende Ordnung die nachfolgende aus.
Erben erster Ordnung: Kinder des Erblassers, Ehegatte
Die Kinder des Erblassers und sein Ehegatte erben zu gleichen Teilen. Der gleichgeschlechtliche Lebenspartner einer registrierten Partnerschaft ist dem Ehepartner bzgl des Erbrechts gleichgestellt. An die Stelle vorverstorbener Kinder treten deren Kinder nach dem Prinzip der Erbfolge nach Stämmen und nach dem Repräsentations- und Eintrittsprinzips Sofern der Erblasser keine Abkömmlinge hat, kommen die Erben zweiter Ordnung zum Zuge.
Erben zweiter Ordnung:
Ehegatte/EP, Eltern, sowie diejenigen Personen, die mit dem Erblasser mindestens für die Dauer eines Jahres vor seinem Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt und diesen versorgt haben oder auf den Unterhalt des Erblassers angewiesen waren (va nichtehelicher Lebenspartner bzw Pflege- oder Stiefkinder; siehe mehr unten).
Die Erben der zweiten Ordnung erben zu gleichen Teilen, der Ehepartner mindestens jedoch die Hälfte des Nachlasses. Falls weder ein Ehegatte/EP noch die Eltern als Erben der zweiten Ordnung zum Zuge kommen, sind die Personen der dritten Ordnung berufen.
Erben dritter Ordnung:
Geschwister des Erblassers, sowie die Personen, die mit dem Erblasser mindestens für die Dauer eines Jahres vor seinem Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt und diesen versorgt haben oder auf den Unterhalt des Erblassers angewiesen waren.
Die Erben der dritten Ordnung erben je zu gleichen Teilen. An die Stelle vorverstorbener Geschwister treten deren Kinder zu gleichen Teilen.
Erben vierter Ordnung: Großeltern des Erblassers mit ihren Kindern
Erben fünfter Ordnung: Urgroßeltern des Erblassers
Erben sechster Ordnung: Abkömmlinge der Kinder der Geschwister (Abkömmlinge der Nichten und Neffen)
Ist von diesen Eben niemand vorhanden, fällt die Erbschaft ungeachtet eventueller entfernterer Verwandten, dem Staat zu. Dieser wird zwar nicht Erbe, er wird aber wie ein solcher behandelt.
Erbrecht des Lebensgefährten
Der nichteheliche Lebensgefährte kann uU ein Erbe der zweiten oder der dritten Ordnung sein, sofern dieser mit dem Erblasser mindestens für die Dauer eines Jahres vor seinem Tode im gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Voraussetzung für das Leben im gemeinsamen Haushalt ist, dass aus eine, gemeinsamen Topf gewirtschaftet wurde, also eine gemeinsame Einkommensverwendung und eine gemeinsame Haushaltsführung stattfand. Ein gemeinsamer Haushalt liegt dabei nicht vor, wenn der LG des Erblassers noch mit ihrem Ehemann wohnt und nur gelegentlich die Erblasserin besucht und teilweise zum Haushalt beiträgt. Auch die Pflege und Betreuung des Erblassers ohne gemeinsamen Haushalt genügt nicht.
Unter diese Kategorie können aber auch Pflegekinder, nicht adoptierte Stiefkinder oder geschiedene Ehegatten gehören.
Formvorschriften Testament
Sofern der Erblasser mehrere Testamente errichtet hat, welche sich widersprechen, sind alle unwirksam, sofern Tag, Monat und Jahr der Errichtung nicht erkennbar sind. Eine allgemein zwingende Angabe von Tag, Monat und Jahr ist aber nicht (mehr) vorgesehen. Die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments ist nicht vorgesehen, allerdings besteht die Möglichkeit, einen bindenden Erbvertrag abzuschließen. Die Errichtung des Testaments kann nur persönlich erfolgen.
Es sind mehrere Testamentsformen zu unterscheiden:
Eigenhändiges Testament
Das eigenhändige Testament (holografní závêt) muss zur Gänze eigenhändig geschrieben und unterschrieben- werden. Die Zuziehung von Zeugen ist nicht erforderlich. Die Unterschrift nur mit Zunamen ist nach der Rsp ausreichend. Sie muss nicht zwingend leserlich sein.
Allographes Testament
Ein Testament, welches der Erblasser nicht zur Gänze eigenhändig abgefasst hat (allografní závêt) muss er eigenhändig unterschreiben und vor zwei gleichzeitig anwesenden Zeugen ausdrücklich erklären, dass die Urkunde seinen letzten Willen beinhaltet. Der Inhalt muss den Zeugen nicht bekannt sein.
Die Zeugen haben die Personengleichheit des Errichters und Erblassers zu bestätigen. Die Zeugen haben das Testament ebenfalls zu unterzeichnen. Dabei kann ein Zusatz, der auf die Zeugeneigenschaft hinweist und Angaben, die später seine Auffindung ermöglichen, hinzugefügt werden.
Notarielles Testament
Der Erblasser kann seinen letzten Willen auch in einer öffentlichen Urkunde, die vor einem Notar aufgenommen wurde, kundtun. Eine notarielle Beurkundung ist zwingend nur dann notwendig, wenn durch das Testament eine Stiftung errichtet werden soll oder wenn ein Minderjähriger, der mindestens 15 Jahre alt ist, ein Testament errichten möchte.
Besondere Arten von Testamenten
Das tschechische Gesetz sieht die Möglichkeit der Errichtung eines Nottestaments mit Erleichterungen für Personen vor, die sich unvorhergesehen in einer Gefährlichen Notlage befinden und daher kein herkömmliches Testament errichten können.
Pflichtteilsrecht
Pflichtteilsberechtigt sind lediglich die Abkömmlinge des Erblassers. Der Ehegatte gehört nicht zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen. Als Ausgleich dafür werden dem verbliebenen Ehegatten bestimmte Rechte zugesprochen.
Pflichtteilsberechtigt sind lediglich die Abkömmlinge des Erblassers. Der Ehegatte gehört nicht zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen. Als Ausgleich dafür werden dem verbliebenen Ehegatten bestimmte Rechte zugesprochen.
Der Pflichtteil ist als reiner Geldanspruch gegen die Erben ausgestaltet.
Bei der Höhe des Pflichtteils unterscheidet das Gesetz zwischen minderjährigen und volljährigen Abkömmlingen. Der Pflichtteil des minderjährigen Abkömmlings beträgt 3/4 des gesetzlichen Erbteils, der Pflichtteil des volljährigen Abkömmlings beträgt 1/4 des gesetzlichen Erbteils. Wie auch im österreichischen Recht steht der Pflichtteil nur den Abkömmlingen zu, die kraft Gesetzes zur Erbfolge gelangen würden.
Der Pflichtteil ist direkt fällig; das Nachlassgericht kann dem Erben eine Stundung des Pflichtteils oder eine Ratenzahlung gestatten, wenn beim Erben besonders wichtige Gründe vorliegen.
Anrechnung von Schenkungen zu Lebzeiten
Schenkungen, die der Erblasser zu Lebzeiten gemacht hat, werden nicht zum Nachlass hinzugerechnet. Eine Pflichtteilsergänzung kennt das tschechische Recht nicht. Durch Schenkungen zu Lebzeiten lässt sich daher der Anspruch eines Pflichtteilsberechtigten reduzieren.
Sowohl beim Pflichtteilsberechtigten als auch beim Erben findet eine Anrechnung statt. Diese kann aber grds nicht dazu führen, dass der Anrechnungsverpflichtete etwas zurückgeben muss. Bei der Anrechnung ist stets der Wert zum Zeitpunkt der Übergabe der Sache zugrunde zu legen.
Auf den Pflichtteil ist alles anzurechnen, was der Berechtigte aus dem Nachlass tatsächlich erwirbt. Außerdem alle Schenkungen, die der Berechtigte in den letzten drei Jahren vor dem Tod des Erblassers erhalten hat; gewöhnliche Schenkungen sind davon ausgenommen. Der Erblasser kann anordnen, dass auch Schenkungen, die länger als drei Jahre zurückliegen, anzurechnen sind. Handelt es sich bei den Schenkungen um Zuwendungen des Erblassers, die dieser getätigt hat, um einem Abkömmling die Begründung des eigenen Haushalts, die Begründung der Ehe oder den Berufseinstieg zu erleichtern, findet die Anrechnung auch dann statt, wenn die Zuwendung länger als drei Jahre zurückliegt, es sei denn, der Erblasser hat gegenteiliges angeordnet. Es bleibt dem Erblasser immer frei, die Anrechnung auf den Pflichtteil gänzlich auszuschließen.
Die Anrechnung auf den Erbteil findet sowohl bei der gesetzlichen als auch bei der testamentarischen Erbfolge statt, sofern der Erblasser dies in Form eines Testaments bestimmt hat. Das Gericht kann eine Anrechnung auf den Erbteil anordnen, wenn ansonsten ein Pflichtteilsberechtigter unangemessen benachteiligt würde.
Pflegevermächtnis
Es finden sich keine Hinweise auf das Bestehen eines Pflegevermächtnisses im tschechischen Recht.
Verlassenschaftsverfahren
Mit dem Tod des Erblassers entsteht für die Erben das Erbrecht, also das Recht auf den Nachlass oder Teilen davon. Der Erwerb wird vom Nachlassgericht bescheinigt. Bei gesetzlicher Erbfolge geht der Nachlass unmittelbar mit dem Tod des Erblassers auf den oder die Erben über. Das gilt grds auch bei gewillkürter Erbfolge, es sei denn, der Erblasser hat eine Bedingung oder Befristung angeordnet.
Das Gericht bestimmt nach Eröffnung des Nachlassverfahrens eine Frist zur Geltendmachung des Erbrechts. Erben, die sich nicht melden, werden am Nachlassverfahren nicht beteiligt. Ihr etwaiges Erbrecht bleibt unberührt. Für unbekannte Erben oder für Erben unbekannten Aufenthalts wird ein Pfleger bestellt; dieser ist allerdings nicht berechtigt, die Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen.
Jeder Erbe kann nach dem Tod des Erblassers die Erbschaft ausschlagen, es sei denn, dass die Ausschlagung durch Erbvertrag ausgeschlossen wurde. Die Ausschlagung muss durch mündliche Erklärung vor dem Nachlassgericht oder durch schriftliche, dem Gericht eingesandte Erklärung erfolgen. Der Erbe kann die Ausschlagung binnen eines Monats erklären.
Gerichtskommissär
Bei dem Nachlassverfahren handelt es sich um ein gerichtliches Verfahren; dennoch werden fast alle Verfahrensschritte von dem vom Gericht beauftragten Notar als Gerichtskommissar als erste Instanz des Gerichts durchgeführt.
Verfahrensablauf
Das den Todesfall aufnehmende Standesamt ist verpflichtet, das zuständige Nachlassgericht durch Übersendung der Sterbeurkunde vom Todesfall zu benachrichtigen. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erblasser gemeldet war, subsidiär der Wohnsitz. Nach Eingang der Mitteilung wird durch Beschluss von Amts wegen das Nachlassverfahren eröffnet und der nach vorheriger Geschäftseinteilung zuständige Notar als Gerichtskommissar mit der Durchführung des Nachlassverfahrens beauftragt.
Vorverfahren:
Nach Eingang der Akte stellt der Notar hat der Notar zunächst durch Einsicht in des Zentrale Melderegister festzustellen, ob der Erblasser eine relevante Verfügung hinterlassen hat. Sofern ein Nachlassverwalter oder ein Testamentsvollstrecker bestellt ist, ist dieser jeweils zu benachrichtigen.
Zweck des Vorverfahrens ist es, alle erforderlichen Angaben zum Kreis der möglichen Erben festzustellen und den Umfang des Nachlassvermögens und der Verbindlichkeiten zu ermitteln.
Ergibt das Vorverfahren, dass der Erblasser keinen Nachlass hinterlassen hat, wird das Verfahren eingestellt. Hat der Erblasser nur geringwertigen Nachlass hinterlassen, kann das Verfahren eingestellt und dieser Nachlass demjenigen, der die Beerdigung besorgt hat, herausgegeben werden. Als geringwertig wird idR ein Nachlass betrachtet, der 20.000 bis 30.000 Kč (ca € 800,- bis € 1200,-) nicht übersteigt.
Hauptverfahren
Sobald feststeht, dass der Erblasser nicht nur geringfügigen Nachlass hinterlassen hat, geht das Verfahren unmittelbar in des Hauptverfahren über. Die Ergebnisse des Vorverfahrens werden durch Anforderung der noch erforderlichen Unterlagen überprüft sowie alle Aktiva und Passiva zusammengestellt. Die in Betracht kommenden Erben sind von ihrem Erbrecht und der Möglichkeit der Ausschlagung zu benachrichtigen.
Im Übrigen ist die nicht öffentliche Nachlassverhandlung vorzubereiten. Dazu gehört die Auseinandersetzung des Gesamtguts und die Erstellung eines Verzeichnisses über Aktiva und Passiva. Die Beteiligten sind zur Nachlassverhandlung zu laden. Sodann wird die Verteilung des Nachlasses unter den Miterben entsprechend der Anordnung des Erblassers, eines Dritten oder der Vereinbarung der Miterben vorgenommen. Ist ein Erbe unstrittig Alleinerbe, ist eine Nachlassverhandlung entbehrlich.
Das Nachlassverfahren kann beendet werden, wen das Erbrecht und der Umfang des Nachlasses festgestellt, die Anordnungen des Erblassers erfüllt und die gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber etwaigen Vermächtnisnehmern erfüllt worden sind. Der Notar als erste Instanz des Gerichts erlässt mit Wirkung zum Tage der Entstehung des Erbrechts seinen Beschluss, in dem der Erwerb der Erbschaft, die Verteilung etc bestätigt werden. In dem Beschluss ist außerdem über den Anspruch des Pflichtteilsberechtigten zu entscheiden oder die Vereinbarung mit dem Pflichtteilsberechtigten zu genehmigen, wenn der Pflichtteil geltend gemacht worden ist. Mit Rechtskraft der Entscheidung erlöschen alle Maßnahmen, die im Rahmen des Nachlassverfahrens getroffen worden sind, insb auch eine etwaige Nachlassverwaltung.
Nach Abschluss des Verfahrens hat der Notar Behörden, die ein öffentliches Register oder Verzeichnis führen, darüber zu unterrichten, wer Eigentümer vom Nachlassvermögen geworden ist.