Polen
Gesetzliche Erbfolge
Die gesetzliche Erbfolge ist in den Art 931-940 ZGB geregelt. Das gesetzliche Erbrecht in Polen bestimmt sich nach Ordnungen, wobei die jeweils vorgehende Ordnung die nachfolgende ausschließt.
- Erben 1. Ordnung: Kinder des Erblassers und Ehegatte (anstelle vorverstorbener Kinder treten deren Abkömmlinge; Erbfolge nach Stämmen, Repräsentations- und Eintrittsprinzip)
- Erben 2. Ordnung: Ehegatte des Erblassers, Eltern des Erblassers sowie seine Geschwister und deren Abkömmlinge
Zur gesetzlichen Erbfolge sind primär die Kinder des Erblassers sowie sein Ehegatte berufen; sie erben zu gleichen Teilen, der Ehegatte aber zumindest ein Viertel. Hat ein Kind des Erblassers den Erbfall nicht erlebt, so fällt der Erbteil, der ihm angefallen wäre, seinen Kindern zu gleichen Teilen zu.
Sind keine Abkömmlinge des Erblassers vorhanden, so sind sein Ehegatte und seine Eltern zu gesetzlichen Erben berufen. Der Erbteil jedes Elternteils, der zusammen mit dem Ehegatten des Erblassers erbt, beträgt 1/4 des Nachlasses; der Erbteil des Ehegatten beträgt jedenfalls 1/2. Sofern weder Abkömmlinge noch ein Ehegatte vorhanden sind, so erben seine Eltern zu gleichen Teilen.
Hat ein Elternteil den Erbfall nicht erlebt, so fällt der Erbteil, der ihm angefallen wäre, den Geschwistern des Erblassers zu gleichen Teilen zu. Hat ein Geschwister des Erblassers den Erbfall nicht erlebt aber Abkömmlinge hinterlassen, so fällt der Erbteil, der ihm angefallen wäre, seinen Abkömmlingen zu.
Hat ein Elternteil den Erbfall nicht erlebt und sind keine Geschwister oder deren Abkömmlinge vorhanden, beträgt der Erbteil des Elternteils, der zusammen mit dem Ehegatten des Erblassers erbt, die Hälfte der Erbschaft.
Sind Abkömmlinge, Eltern, Geschwistern und Abkömmlinge von Geschwistern des Erblassers nicht vorhanden, so fällt die ganze Erbschaft seinen Großeltern zu, die zu gleichen Teilen erben.
Hat ein Großelternteil den Erbfall nicht erlebt, so fällt der Erbteil, der ihm angefallen wäre, seinen Abkömmlingen zu. Dieser Erbteil wird nach den Regeln, die für die Abkömmlinge des Erblassers gelten, geteilt.
Sind der Ehegatte des Erblassers und die Verwandten, die zur gesetzlichen Erbfolge berufen sind, nicht vorhanden, so fällt die Erbschaft den Kindern des Ehegatten des Erblassers, deren Elternteil den Erbfall nicht erlebt hat, zu gleichen Teilen zu. Sind auch diese nicht vorhanden, so fällt die Erbschaft der Gemeinde zu, in welcher der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Sofern der letzte Wohnsitz des Erblassers in der Republik Polen nicht festgestellt werden oder war der letzte Wohnsitz im Ausland, so fällt die Erbschaft dem Fiskus zu.
Der nichteheliche Lebensgefährte hat kein Erbrecht.
Besonderheiten
Sonderregeln des gesetzlichen Erbrechts des Ehegatten
Die Vorschriften über die gesetzliche Erbfolge gelten nicht für einen Ehegatten des Erblassers, der mit diesem Erblasser in der Separation (Trennung von Tisch und Bett) lebt.
Der Ehegatte, der aufgrund gesetzlicher Erbfolge zusammen mit anderen Erben erbt (ausgenommen den Abkömmlingen des Erblassers, die mit ihm im Zeitpunkt seines Todes zusammengewohnt haben), kann über seinen Erbteil hinaus aus der Erbschaft die Haushaltsgegenstände verlangen, die er zu Lebzeiten des Erblassers benützt hat.
Sonderregel für bedürftige Großeltern
Besondere Rechte haben die Großeltern des Erblassers, die sich in Not befinden und die einen Unterhalt von an sich zum Unterhalt Verpflichteten nicht erhalten können. Diesfalls können sie von einem Erben, welche an sich nicht Unterhaltsverpflichtet ist. Unterhaltsmittel entsprechend ihren Bedürfnissen und entsprechend des Erbteils verlangen.
Formvorschriften Testament
Nach polnischem Recht darf ein Testament die Verfügungen nur eines Erblassers enthalten. Gemeinschaftliche Testamente sind nicht vorgesehen. Auch ein Vertrag über den Nachlass einer noch lebenden Person ist unwirksam. Als Erbvertrag ist nur der Erbverzicht möglich. Gem Art 944 § 1 ZGB kann nur ein voll Geschäftsfähiger ein Testament errichten und widerrufen. Ein Testament kann nicht durch einen Vertreter errichtet oder widerrufen werden.
In Polen gibt es kein staatliches oder öffentliches Testamentsregister. Die Landesnotarkammer führt zwar ein Testamentsregister, dieses hat allerdings Privatcharakter; die Registrierung eines Testaments ist freiwillig, Zugang zu den Registerdaten hat nur der Erblasser, nach seinem Tod auch jeder, dem bei einem Notar mit Sterbeurkunde erscheint.
Eigenhändiges Testament
Das eigenhändige Testament ist:
- handschriftlich zu verfassen,
- zu unterschreiben und
- mit dem Datum zu versehen.
Das Fehlen des Datums zieht ausnahmsweise keine Unwirksamkeit nach sich, wenn hierdurch keine Zweifel hinsichtlich der Fähigkeit des Erblassers zur Testamentserrichtung, hinsichtlich des Testamentsinhalts oder hinsichtlich oder gegenseitigen Verhältnisse mehrerer Testamente entstehen.
Notarielles Testament
Gem Art 950 ZGB kann ein Testament in Form einer notariellen Urkunde errichtet werden.
Allographes Testament
Das allographe Testament ist in Art 951 ZGB geregelt. Das Testament kann demnach auch in Gegenwart von zwei Zeugen vor dem Leiter einer Gemeinde, dem Landrat, dem Woiwodschaftsvorsitzenden, dem Kreissekretär oder dem Leiter des Standesamtes mündlich erklärt werden. Die Erklärung des Erblassers wird unter Angabe des Datums seiner Errichtung zu Protokoll genommen; dieses wird dem Erblasser dann in Anwesenheit der Zeugen vorgelesen. Anschließend ist das Protokoll vom Erblasser, von der Person, der gegenüber die Erklärung abgegeben wurde, und von den Zeugen zu unterschreiben. Ein allographes Testament kann nicht von Tauben und Stummen errichtet werden.
Besondere Formen von Testamenten
Sofern die Gefahr eines baldigen Todes besteht oder wenn infolge besonderer Umstände die Wahrung der gewöhnlichen Testamentsform unmöglich oder sehr erschwert ist, so kann der Erblasser ein Nottestament errichten. Dabei hat er seinen letzten Willen bei gleichzeitiger Anwesenheit von mindestens drei Zeugen mündlich zu erklären.
Während einer Reise auf einem polnischen See- und Luftfahrzeug kann ein Testament vor dem Kapitän oder seinem Stellvertreter errichtet werden, indem ihm der Erblasser in Gegenwart von zwei Zeugen seinen letzten Willen erklärt.
Die besonderen Testamente werden sechs Monate nach dem Ende der Umstände, die die Nichtwahrung der Form eines gewöhnlichen Testaments begründet haben, kraftlos. Der Lauf dieser Frist ruht, solange der Erblasser keine Möglichkeit hat, ein gewöhnliches Testament zu errichten.
Pflichtteilsrecht
Den Abkömmlingen, dem Ehegatten sowie den Eltern des Erblassers, die gesetzliche Erben sein würden, stehen als Pflichtteil zu:
- wenn der Berechtigte dauernd arbeitsunfähig ist oder wenn ein berechtigter Abkömmling minderjährig ist: 2/3 des Erbteils, der ihnen im Falle der gesetzlichen Erbfolge zugefallen wäre
- in anderen Fällen: 1/2 dieses Erbteils
Der Pflichtteil ist wie im österreichischen Recht als Geldanspruch ausgestaltet.
Anrechnung von Schenkungen zu Lebzeiten
Der Pflichtteil bezieht sich in erster Linie auf den Nachlass, dh auf den zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers in dessen Vermögen vorhandenen Gegenstände. Dem eigentlichen Nachlass werden jedoch zur Berechnung des Pflichtteils grundsätzlich lebzeitige Schenkungen des Erblassers hinzugerechnet. Die zugewendeten Gegenstände werden dem Nachlass mit ihrem Wert zum Zeitpunkt der Feststellung des Pflichtteils hinzugerechnet, jedoch unter Zugrundelegung ihres Zustands zum Zeitpunkt der Schenkung. Die Pflichtteilsquote bezieht sich auf den um den Wert der anrechnungspflichtigen Zuwendung erhöhten Nachlass.
Sofern der Wert des Nachlasses nicht ausreicht, um den Pflichtteilsberechtigten zu bedienen, haftet subsidiär der Geschenkgeber nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen.
Ausgenommen von der Zurechnung sind gem Art 994 ZGB folgende Zuwendungen:
- Kleinere Geschenke, die zu den jeweiligen Gelegenheiten üblich sind;
- Schenkungen, die mehr als zehn Jahre vor dem Erbfall gemacht wurden;
- Schenkungen an nicht erb- bzw pflichtteilsberechtigte Personen
- Schenkungen zu einer Zeit, als der pflichtteilsberechtigte Abkömmling noch nicht gezeugt, bzw der Ehegatte noch nicht mit dem Erblasser verheiratet war
Pflegevermächtnis
In Polen existiert kein dem österreichischen Pflegevermächtnis vergleichbares Rechtsinstitut.
Verlassenschaftsverfahren
Das polnische Nachlassverfahren liegt beim Amtsgericht des letzten Wohnsitzes des Erblassers in Polen, subsidiär bei dem Amtsgericht, an dem sich das Nachlassvermögen befindet. Das polnische Erbrecht kennt einen Erbschein als Legitimationspapier der Erben. Bei unstrittiger Erbfolge kann der Erbschein nicht nur vom Nachlassgericht, sondern auch von einem Notar ausgestellt werden. Einen Gerichtskommissär gibt es nach polnischen Recht nicht. Der Erbschein ist ordnungsgemäß zu beantragen, die Erbfolge wird von Amts wegen geprüft.
Wenn die Erbschaft mehreren Erben zufällt, entsteht eine Nachlassgütergemeinschaft; auf diese und auf die Nachlassteilung finden die Vorschriften über das Miteigentum nach Bruteilen Anwendung. Der Erbe kann die Erbschaft entweder:
- Ohne Beschränkung seiner Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten annehmen (einfache Annahme) oder
- Die Erbschaft mit einer Beschränkung dieser Haftung annehmen (Annahme unter Vorbehalt der Inventarerrichtung) oder
- Die Erbschaft ausschlagen (Ausschlagung) (nur den ganzen Nachlass; eine teilweise Annahme bzw teilweise Ausschlagung ist nicht möglich)
Die Erklärung über die Annahme bzw Ausschlagung der Erbschaft kann innerhalb von sechs Monaten seit dem Tag abgegeben werden, an dem der Erbe vom Grunde seiner Berufung Kenntnis erlangt hat. Dieser Erklärung kann vor jedem Notar oder vor dem Amtsgericht, wo der Erschienene seinen Wohnsitz hat, abgegeben werden. Sofern der Erbe innerhalb der sechs-Monate-Frist keine Erklärung abgegeben hat, hat er die Erbschaft unter Vorbehalt der Inventarerrichtung angenommen.
Dringend zu beachten ist außerdem, dass das polnische Immobilienrecht Beschränkungen für den Erwerb von Immobilien durch Ausländer kennt. Grds bedarf ein solcher Erwerb nämlich einer behördlichen Genehmigung.