Italien
Gesetzliche Erbfolge
Die gesetzliche Erbfolge greift umfassend, wenn der Erblasser kein Testament hinterlassen hat und sie greift teilweise, wenn das Testament nur über einen Teil des Vermögens verfügt.
Das italienische Erbrecht teilt als Erbfolgeberechtigte in Art 565 CC den Ehegatten, Kinder und sonstige Abkömmlinge, Eltern und Geschwister, andere Verwandte bis zum sechsten Grad und den Staat. Im Grundsatz gilt, dass die nähere Klasse die entferntere ausschließt. Allerdings sind sowohl Erbfolge als auch das Verhältnis der Gruppen zueinander im Gesetz sehr kasuistisch geregelt.
Erben erster Ordnung: Abkömmlinge des Erblassers
Kinder beerben den Erblasser zu gleichen Teilen. Eheliche, nichteheliche, adoptierte und legitimierte Kinder sind gleichgestellt. An die Stelle vorverstorbener oder sonst nicht zur Erbfolge gelangender Kinder treten deren Abkömmlinge (Eintrittsrecht). Kinder, die zur Erbfolge gelangen, schließen ihre Abkömmlinge aus (Repräsentation).
Erben zweiter Ordnung: Eltern und Geschwister des Erblassers
Geschwister erben auch dann, wenn noch lebende Eltern vorhanden sind. Treffen Eltern und Geschwister des Erblassers zusammen, so erben sie nach Köpfen, wobei der Anteil der Eltern nicht geringer als 1/2 des Nachlasses sein darf. Hinterlässt der Erblasser keine Geschwister, so erben die Eltern zu gleichen Teilen allein. Sind keine Eltern vorhanden, so erben die Geschwister zu gleichen Teilen. Anstelle nicht zur Erbfolge gelangender Geschwister treten deren Abkömmlinge.
Erben dritter Ordnung: Entferntere Vorfahren mütterlicher- und väterlicherseits
Erben vierter Ordnung: Andere Verwandte bis zum sechsten Grad
Die Erbfolge des Ehegatten
Das Erbrecht des Ehegatten ist in Art 518 ff CC geregelt. Sofern ein Ehegatte mit Kindern des Erblassers zusammentrifft, so erbt er:
- Bei einem Kind: 1/2
- Bei mehreren Kindern: 1/3
- Sofern keine Kinder vorhanden sind, aber Zusammentreffen mit Vorfahren oder Geschwistern: 2/3
- Sofern weder Kinder, noch Vorfahren oder Geschwister: Ehegatte wird durch Gesetz als Universalerbe berufen
Der während der Ehe geltende Güterstand ist für die Erbrechtsansprüche unerheblich. Der Ehegatte erhält neben der Erbquote jedenfalls als gesetzliches Vorausvermächtnis ein dinglich wirkendes Nutzungsrecht an der Wohnung und dem Hausrat.
Nach der Ehetrennung bestehen die Erbrechtsansprüche weiterhin. Eine Ausnahme hiervon gilt für den Ehepartner, dem bei der Ehetrennung die Schuld für diese angelastet wird – die Schuldanlastung bewirkt den Verlust der Erbrechtsansprüche bereits bei der Trennung. Ansonsten verlieren die Ehepartner die gegenseitigen Ansprüche erst mit der Ehescheidung.
Erbrecht des Lebensgefährten
Das italienische Erbrecht kennt ein Wohnrecht des „faktischen Lebensgefährten“. Die „faktische Lebensgemeinschaft“ besteht aus zwei Personen, die beständig durch eine gefühlsmäßige Bindung als Paar sowie durch gegenseitigen moralischen und materiellen Beistand miteinander verbunden sind, und die durch kein Verwandtschaftsverhältnis oder Ehe/EP miteinander verbunden sind. Dem Lebensgefährten wird demnach der Anspruch zuerkannt, dass er im Fall des Ablebens des Eigentümers einer Wohnung, in der beide Lebensgefährten den Wohnsitz hatten, in ebendieser Wohnung bleiben kann, und zwar für mindestens zwei Jahre oder für die Dauer des Zusammenlebens und jedenfalls für maximal fünf Jahre. Sofern minderjährige Kinder des überlebenden Partners in derselben Wohnung wohnen, hat das Wohnrecht eine Dauer von mindestens drei Jahren. Das Wohnrecht erlischt, sofern der überlebende Partner nicht mehr dauerhaft in der Wohnung lebt, sofern er heiratet, eine EP oder eine neue Lebensgemeinschaft eingeht.
Formvorschriften Testament
Testierunfähig sind Minderjährige, die wegen Geisteskrankheit voll Entmündigten und unzurechnungsfähige Personen. Personen, die teilentmündigt sind sowie Begünstigte einer Sachwalterschaft dürfen ein Testament verfassen; dieses ist nur anfechtbar, soweit dem Testator zum Zeitpunkt der Errichtung des Testament Unzurechnungsfähigkeit nachgewiesen werden kann. Das Gesetz sieht mehrere Möglichkeiten vor, ein Testament zu errichten:
Das handschriftliche oder eigenhändige Testament
Beim handschriftlichen Testament gelten folgende zwingende Formvorschriften:
- Es muss vom Erblasser vollständig eigenhändig geschrieben werden,
- Das Testament muss datiert sein (Tag, Monat und Jahr) und
- Es muss am Ende der Verfügung unterschrieben sein
Ein Zusatz, der für sich genommen nichtig ist, bewirkt nicht die Nichtigkeit des gesamten Testaments. Die Unterschrift ist auch dann gültig, wenn nicht der gesamte Vor- und Zuname des Testamentsverfassers angegeben wird, sofern sie mit Sicherheit die Person des Erblassers bezeichnet.
Handschriftliche Testamente können grds in jeder Form und an jedem Ort aufbewahrt werden. Entscheidend ist, dass sie nach dem Tod des Verfassers auffindbar sind und einen Notar zur gesetzlich vorgeschriebenen Veröffentlichung und Mitteilung an das Landesgericht und an die Erben und Vermächtnisnehmer übergeben werden können.
Das notarielle Testament
Das notarielle Testament kann ein öffentliches oder geheimes sein.
Beim öffentlichen Testament erklärt der Erblasser dem Notar in Gegenwart von zwei Zeugen seinen Willen, der durch den Notar verschriftlicht wird. Dieser liest dem Erblasser in Gegenwart der Zeugen das Testament vor, es werden Ort, Datum der Aufnahme und die Uhrzeit der Unterzeichnung angegeben und das Testament wird vom Erblasser, von den Zeugen und vom Notar unterschrieben.
Das geheime Testament kann vom Erblasser oder von einem Dritten geschrieben werden. Sofern es der Erblasser selbst verfasst hat, hat er es am Ende der Verfügung zu unterschreieben. Sofern es von einem Dritten oder mit mechanischen Mitteln geschrieben wurde, muss es die Unterschrift des Erblassers auch auf jedem halben Bogen zu unterschreiben, egal ob dieser verbunden oder lose ist. Das geheime Testament wird versiegelt und vom Verfasser persönlich in Gegenwart zweier Zeugen dem Notar übergeben, mit der Erklärung, dass darin sein Testament enthalten sei. Der Notar verfasst eine Urkunde über die Aufnahme, in welcher die Übergabe und die Erklärung des Erblassers, die Zahl und der Abdruck der Siegel sowie die Anwesenheit der Zeugen bei sämtlichen Förmlichkeiten angegeben werden; diese Urkunde wird ihrerseits vom Erblasser, den Zeugen und dem Notar unterschieben. So wie das handschriftliche muss auch das geheime Testament vom Notar veröffentlicht werden, sobald er vom Tod des Erblassers erfährt.
Besondere Formen von Testamenten
Bei ansteckenden Krankheiten, Katastrophen oder Unglücksfällen ist es erlaubt, dass das Testament von einem Notar, einem Friedensrichter, dem Bürgermeister oder dessen Stellvertreter oder von einem Geistlichen aufgenommen wird; dabei haben zwei Zeugen, welche zumindest 16 Jahre alt sind, anwesend zu sein. Das Testament wird von demjenigen, der es aufnimmt, abgefasst und unterschrieben und vom Erblasser und den Zeugen unterschrieben.
Außerdem wird für das Verfassen eines Testamentes an Bord eines Schiffes oder eines Luftfahrzeuges sowie für Militärpersonen im Krieg eine besondere Form zugelassen.
Diese Testamente verlieren ihre Wirksamkeit, wenn die außerordentlichen Umstände nicht mehr gegeben sind, spätestens aber drei Monate ab Beendigung der Ausnahmesituation.
Pflichtteilsrecht
Das italienische Recht gewährt dem Pflichtteilsberechtigten ein echtes Noterbrecht, dh eine quotale Beteiligung am Nachlass. Die sog quota die rivserva (also der Pflichtteil), ist der Verfügungsbefugnis des Erblassers entzogen; er kann nur über die quota disponibile verfügen.
Pflichtteilsberechtigt sind der Ehegatte, die Kinder und die ehelichen Vorfahren. Ein Noterbrecht der Vorfahren besteht nur, wenn keine Kinder vorhanden sind. Allerdings besteht das Noterbrecht der Vorfahren auch neben dem Ehegatten des Erblassers. Der Ehegatte des Erblassers gehört immer zu den Noterbberechtigten.
Die Pflichtquoten der einzelnen Noterbberechtigten variieren nach Verwandtschaftsgrad und Anzahl der Noterbberechtigten. Die Ermittlung der Noterbquote ist daher kompliziert. Grundsätzlich gilt: Sind neben dem Ehegatten keine pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge vorhanden, so erhält der Ehegatte als Noterbrecht 1/2 des Nachlasses. Trifft der Ehegatte mit einem Kind des Erblassers zusammen, so erhalten er und das Kind jeweils 1/3. Mehrere Kinder erhalten insgesamt 1/2, der überlebende Ehegatte 1/4 des Vermögens. Sind nur Kinder als Noterben vorhanden, so erhält ein Kind die Hälfte des Nachlasses, mehrere Kinder erhalten zusammen 2/3 des Nachlasses. Die Vorfahren haben neben Abkömmlingen keinen Pflichtteilsanspruch. Neben dem überlebenden Ehegatten, dessen Noterbquote diesfalls 1/2 beträgt, erhalten sie insgesamt 1/4 des Vermögens. Gibt es keinen überlebenden Ehegatten, so beträgt die Noterbquote der Vorfahren insgesamt 1/3.
Anrechnung von Schenkungen zu Lebzeiten
Der Pflichtteilsberechnung wird das nach Art 556 CC ermittelte Reinvermögen des Erblassers im Todeszeitpunkt zugrunde gelegt.
Vom Erblasser gemachte Schenkungen werden zeitlich unbeschränkt hinzugerechnet. Dabei werden auch gemischte Schenkungen und solche, die unter Auflage oder als Pflichtschenkung erfolgten, erfasst. Bei solchen Schenkungen erfolgt eine Hinzurechnung aber nur insoweit, als sie den Wert der Gegenleistung bzw den Wert einer durch eine Auflage verursachte Beschwerung bzw das übliche Maß übersteigen.
Der Pflichtteilsberechtigte, der die Kürzung von Schenkungen (oder auch von testamentarischen Verfügungen) verlangt, muss sich die ihm gemachten Schenkungen und ihm ausgesetzten Vermächtnisse auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen, außer er wurde davon durch den Erblasser ausdrücklich befreit.
Pflegevermächtnis
In Italien gibt es kein dem österreichischen Pflegevermächtnis entsprechendes Rechtsinstitut.
Verlassenschaftsverfahren
Der Anfall des Nachlasses erfolgt im italienischen Recht nicht ipso iure. Der Nachlass bildet zunächst eine selbstständige Masse ohne Rechtsträger, die erst durch Annahme der Erbschaft durch die zur Erbschaft berufenen Personen diesen anfällt. Die Annahme wirkt auf den Erbfall zurück.
Nach dem Anfall der Erbschaft hat der zur Erbschaft Berufene grds drei Möglichkeiten:
- Er kann die Erbschaft vorbehaltslos annehmen
- Er kann sie unter Vorbehalt der Inventarerrichtung annehmen
- Er kann die Erbschaft ausschlagen
Das Gericht des Bezirks, in dem die Erbfolge eröffnet wurde, kann auf Antrag oder von Amts wegen einen curatore (Nachlasspfleger) benennen, solange die Annahme nicht stattgefunden hat und der Berufene nicht im Besitz der Erbschaft ist. Nach der Rsp ist ein curatore auch zu benennen, wenn unsicher ist, ob überhaupt zu Erben berufene vorhanden sind oder existieren.
Rechtsverhältnis der Erbengemeinschaft bis zur Teilung: Wird der Erblasser von mehr als einem Erben beerbt, bilden diese eine Erbengemeinschaft, die eine Bruchteilsgemeinschaft eigener Art ist. Jeder Erbe kann über seine ungeteilte Erbquote grds frei verfügen. Der Erbengemeinschaft steht mit wenigen Ausnahmen der gesamte Nachlass zu. Für die Teilung der Erbengemeinschaft sieht das italienische Erbrecht iW drei Möglichkeiten vor. Dies kann entweder durch einen Vertrag zwischen allen Miterben, durch gerichtliche Entscheidung oder durch letztwillige Verfügung des Erblassers erfolgen.
Nachweis der Erbeneigenschaft
Zum Nachweis der Erbeneigenschaft ist neben dem Europäischen Nachlasszeugnis (zusätzliche Option zu innerstaatlichen Erbnachweisen) die Annahmeerklärung vorzulegen.
Abwicklung des Nachlasses
Die weiteren, vom Erben vorzunehmenden Verfahrensschritte hängen davon ab, ob ein Testament vorhanden ist und ob Immobilien zum Nachlass gehören.
Nach dem Tod des Erblassers muss jede Person, die ein eigenhändiges Testament findet oder besitzt, es einem Notar ihrer Wahl zur Veröffentlichung vorlegen. Beim notariellen Testament erfolgt die Eröffnung durch den Notar, der es beurkundet oder aufbewahrt hat. Der Notar beurkundet die Testamentseröffnung und sorgt binnen 30 Tagen ab Testamentseröffnung für deren Registrierung.
Befinden sich im Nachlass Immobilien, sind neben der Testamentseröffnung außerdem eine Eintragung in das Immobilienregister, eine Meldung beim zuständigen Katasteramt und eine Anzeige bei der Agenzia del Territorio vorzunehmen.
Ist kein Testament vorhanden und gehört keine Immobilie zum Nachlass, sind, abgesehen von der Erbschaftsannahme, keine Erklärungen oder Anträge bei anderen Behörden erforderlich. Zum Nachweis der Erbeneigenschaft begnügen sich zB Banken in diesen Fällen dem sog atto di notorietà. Unter Geltung der EuErbVO kann auch das Europäische Nachlasszeugnis vorgelegt werden.