Pflichtteil für Geschwister?

Oftmals wird die gesetzliche Erbfolge mit dem Pflichtteil durcheinandergebracht, dabei haben Geschwister grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Pflichtteil.

Was ist der Pflichtteil?

Bestimmte nächste Angehörige haben einen Anspruch auf einen sogenannten Pflichtteil vom Erbe. Der Pflichtteil ist ein Mindestanteil am Erbe und steht in Österreich dem Ehegatten und den leiblichen Kindern zu. Die Höhe des Pflichtteils beläuft sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Es gilt daher bei der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen zunächst herauszufinden, wie hoch der Erbanteil wäre.

Wenn man als nächster Angehöriger ohnehin erbt, geht der Pflichtteilsanspruch im Erbe auf, das heißt der Pflichtteilsanspruch ist sowieso bereits im Erbteil enthalten.

Der Pflichtteil steht jedoch gerade auch in Fällen zu, in denen man nichts erben würde, weil man im Testament nicht erwähnt wurde oder weil man zu Unrecht enterbt wurde.

Beispiel:
Der Erblasser hinterlässt ein Kind und einen Ehepartner. Im Testament wird der Ehepartner als Alleinerbe eingesetzt und das Kind ansonsten nicht erwähnt. Das Kind wäre nach der gesetzlichen Erbfolge zu 2/3-tel erbberechtigt. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbrechtes und beläuft sich daher auf 1/3-tel des Nachlasses.

Gibt es einen Anspruch auf den Pflichtteil für Geschwister?

Nein. Mit dem Erbrechts-Änderungsgesetz aus dem Jahr 2015 wurde das Pflichtteilsrecht der eigenen Eltern abgeschafft. Nach alter Rechtslage hatten Eltern in bestimmten Fällen einen Pflichtteilsanspruch. Wenn ein Elternteil vorverstorben war, ist jener Pflichtteil, der den Eltern zustand den Geschwistern zugefallen. Dadurch, dass für Todesfälle ab dem 1.1.2017 das Pflichtteilsrecht der Eltern abgeschafft wurde, kann ein solcher Pflichtteil auch nicht mehr den Geschwistern zufallen. Seit 1.1.2017 sind ausschließlich Kinder (bei einem vorverstorbenen Kind, dann die Enkelkinder) und Ehegatten pflichtteilsberechtigt.

Erbrecht der Geschwister

Natürlich kann man seinen Geschwistern durch ein Testament etwas verereben. Aber auch wenn kein Testament vorhanden ist, kann es sein, dass Geschwister erbberechtigt sind. Ist kein Testament vorhanden, gilt automatisch die gesetzliche Erbfolge. In diesem Zusammenhang muss anhand der individuellen Familiensituation geprüft werden, wer als Erbe im Todesfall in Frage kommt.

Wer wie viel vom Erbe erhält, richtet sich dabei nach dem Verwandtschaftsverhältnis. Obwohl Ehegatten keine Verwandten sind, haben sie eine Sonderstellung im Erbrecht.

Zunächst erben – neben einem möglichen Ehegatten – die nächsten Angehörigen, also Kinder und falls ein Kind vorverstorben ist, deren Kinder, also die Enkel. Man spricht hierbei von Erben der 1. Ordnung.

Als nächstes erben weiter entfernte Angehörige wie Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten. Demnach haben Geschwister einen Anspruch auf Erbe. Sie sind Erben der 2. Ordnung. Dann folgen die Erben der 3. Ordnung: Onkel und Tanten sowie Cousins und Cousinen. Sind Erben der ersten Ordnung vorhanden, schließen sie die Erben der folgenden Ordnungen von der Erbfolge aus.

Gibt es somit nach der gesetzlichen Erbfolge keine lebenden Erben der 1. Ordnung (Kinder, Enkel) und keinen Ehegatten und ist zusätzlich ein Elternteil verstorben, dann haben Geschwister einen Anspruch auf das Erbe. Hat der Erblasser jedoch eigene Kinder oder/und Enkel bzw. einen Ehegatten hinterlassen, schließen sie die Erben der weiteren Erbfolge automatisch aus und Geschwister haben keinen Erbanspruch.

Das Erbrecht für Geschwister untereinander ist demnach etwas komplexer und bedarf einer genaueren Prüfung. Nachstehend finden Sie jedoch ein paar Beispiele:

Beispiel 1 – kein Erbrecht der Geschwister

Der Erblasser hinterlässt einen Ehepartner und 2 Kinder. Es gibt kein Testament und gilt die gesetzliche Erbfolge. Der Ehepartner erhält 1/3-tel und die Kinder erhalten jeweils 1/3-tel. Die Geschwister haben keinen Anspruch auf Erbe.

Beispiel 2 – Erbrecht der Geschwister

Die Erblasserin hinterlässt keinen Ehepartner und keine Kinder oder Enkel. Ihr Vater ist verstorben, ihre Mutter lebt noch. Sie hat 3 Geschwister. Die Geschwister haben einen Anspruch auf das Erbe. Die Mutter erhält die Hälfte des Erbes und die Hälfte des vorverstorbenen Vaters wird auf die Geschwister aufgeteilt und jeder erhält 1/6.

Beispiel 3 – kein Erbrecht der Geschwister

Der Erblasser hinterlässt 1 Elternteil (Mutter lebt, Vater ist vorverstorben), 2 Geschwister und einen Ehepartner, aber keine Kinder oder Enkel. Die Mutter hat einen Anspruch auf 1/6-tel des Nachlasses. Der Ehepartner hat einen Anspruch auf die restlichen 5/6-tel des Nachlasses. Die Geschwister erben nach neuem Erbrecht nichts, da der Erbteil des vorverstorbenen Vaters seit 1.1.2017 nunmehr nicht mehr den Geschwistern, sondern dem überlebenden Ehepartner zufällt.

Beispiel 4 – Erbrecht der Geschwister

Der Erblasser hinterlässt einen Bruder und eine Schwester, aber weder Ehepartner noch Kinder, Enkel oder Eltern. Die Geschwister haben jeweils einen Anspruch auf die Hälfte des Erbes.

Wem welche Erbquote zukommt, wird im Verlassenschaftsverfahren durch den Gerichtskommissär, einem durch die Verteilungsordnung festgesetzten Notar bzw. Notarin, ermittelt und im Einantwortungsbeschluss des zuständigen Bezirksgerichtes festgehalten.

Kann ich meine Geschwister enterben?

Muss ich aufgrund der gesetzlichen Erbfolge hinnehmen, dass meine Geschwister erben? Nein, es besteht jederzeit die Möglichkeit ein Testament zu errichten, indem man bestimmte Personen oder Institutionen als Erben einsetzt, sodass die gesetzliche Erbfolge nicht zur Anwendung gelangt. Es besteht zudem die Möglichkeit ein sogenanntes negatives Testament zu errichten. In diesem negativen Testament, kann man explizit auch bestimmten Personen das Erbrecht versagen, sodass diese jedenfalls als Erbe ausgeschlossen werden. Dem Erblasser steht es somit frei seine Erben zu wählen oder Angehörige zu enterben. Geschwistern steht dabei auch kein Pflichtteil zu.

Wie kann ein Anwalt für Erbrecht helfen ?

Da Geschwister grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Pflichtteil haben, kommen sie nur dann als Erben in Frage, wenn sie in einem Testament ausdrücklich bedacht werden oder wenn sich ihre Erbrechtsstellung aufgrund der Familiensituation ergibt. Im Rahmen eines Erstgespräches kann ein Anwalt für Erbrecht daher vorab Prüfen, ob im konkreten Fall ein Erbrecht der Geschwister vorliegt. Weiters kann ein Anwalt für Erbrecht auch bei der Erstellung eines Testamentes beraten und unterstützen.

Auch als betroffener naher Angehöriger, kann ein Anwalt für Erbrecht seinem Mandanten helfen, Ansprüche auf das testamentarische oder gesetzliche Erbe geltend zu machen, einen Auskunftsanspruch durchzusetzen und dabei helfen, die Höhe des Anspruchs zu ermitteln. Ferner wird ein Anwalt für Erbrecht natürlich auch bei Erbstreitigkeiten die Ansprüche seines Mandanten gerichtlich durchsetzen, wenn eine außergerichtliche Einigung nicht möglich ist.

Manche Familiensituationen können erbrechtlich betrachtet sehr verstrickt sein. Bei Fragen zum Thema Erbrecht und Testament vereinbaren Sie gerne einen Termin für ein Erstgespräch.

Schreiben Sie ein E-Mail an office@kanzlei-rauf.at oder rufen Sie mich einfach direkt unter +43 664 925 5245 an. Sie können natürlich auch das Kontaktformular auf meiner Website nutzen.

 

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