Erbrecht des Lebensgefährten
Seit dem 1. 1. 2017 steht Lebensgefährten gemäß § 748 ABGB ein außerordentliches Erbrecht zu und werden diese in einigen Punkten Ehegatten oder eingetragenen Partnern gleichgestellt (gesetzliches Vorausvermächtnis nach § 745 Abs 2 ABGB, Erbunwürdigkeits- sowie der Enterbungsgründe des § 541 Z 1 bzw. § 770 Z 2 ABGB, Pflegevermächtnis nach § 677 Abs 3 ABGB, Zeugenstellung des § 588 Abs 1 ABGB). Damit wurde die Stellung des Lebensgefährten etwas aufgewertet.
Es ist jedoch ein weit verbreiteter Irrtum, dass der Lebensgefährte von Gesetzes wegen „immer etwas“ bekommt. In den ganz überwiegenden Fällen steht der Lebensgefährte nämlich mit leeren Händen dar, insbesondere wenn kein Testament errichtet wurde. Der Lebensgefährte erbt nämlich nur, wenn weder ein testamentarischer noch ein sonstiger gesetzlicher Erbe die Erbschaft erhält. Das bedeutet nur, wenn kein Angehöriger (Kinder, Eltern, Geschwister, Cousins oder sogar Urgroßeltern) oder ein Ehegatte erbberechtig ist, erbt der Lebensgefährte. Will man dem Lebensgefährten zB neben seinen Kindern etwas vermachen, sollte man sich daher vorab über die Möglichkeiten der Testamentserrichtung informieren. Hier kann ich Ihnen gerne im Rahmen eines Erstgespräches einen Überblick über Ihre Möglichkeiten geben.
Wer ist Lebensgefährte?
Voraussetzung des Erbrechts des überlebenden Lebensgefährten ist, dass er zumindest mit dem Verstorbenen als dessen Lebensgefährte in den letzten drei Jahren vor dem Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt hat (§ 748 Abs 1 dritter HS; vgl schon § 745 Abs 2; im Gegensatz dazu etwa 2 Ob 314/98k: auf eine gewisse zeitliche Dauer eingerichtet). Sonst definiert auch diese Bestimmung (ebenso wenig wie § 745 Abs 2) die Lebensgemeinschaft nicht, weswegen die allgemeinen von der Rsp entwickelten Prinzipien einer umfassenden Wohn-, Wirtschaftsgemeinschaft und idR Geschlechtsgemeinschaft (RS0047017) anzuwenden sind. Das Erfordernis des gemeinsamen Haushaltes relativiert § 748 Abs 2 (im Einklang mit der bestehenden Rsp eines „beweglichen Systems“; vgl RS0047000) ausdrücklich, wenn diesem erhebliche Gründe, etwa gesundheitlicher oder beruflicher Art (beispielhafte Aufzählung) entgegenstehen. Ein denkbarer Fall wäre etwa die notwendige Pflege des Erblassers in einem Heim. Die für die Lebensgemeinschaft typische besondere Verbundenheit (wenngleich wohl nicht Geschlechtsgemeinschaft) muss in einem solchem Fall aber weiterhin vorliegen. Das Gesetz unterscheidet nicht nach gleich- oder verschiedengeschlechtlicher Lebensgemeinschaft.
Erbrechtliche Situation von Lebensgefährten ohne Testament
Ohne ein verfasstes Testament haben Lebensgefährten nur ein sehr limitiertes Erbrecht. Sie kommen nur dann als Erben in Betracht, wenn es keine gesetzlichen Erben gibt und ansonsten der Staat oder ein Vermächtnisnehmer zum Zug käme. Diese Konstellation ist jedoch äußerst selten. Ohne testamentarische Begünstigung besteht für Lebensgefährten in vielen Fällen daher kein Erbanspruch. Lebensgefährten haben auch keinen Anspruch auf einen Pflichtteil. Eine Person kann ihr Vermögen beispielsweise einer Freundin oder einem Nachbarn hinterlassen, ohne dass der Lebensgefährte einen Erbteil erhält.
Vergleich mit dem Erbrecht von Ehegatten
Das Erbrecht differenziert stark zwischen Lebensgefährten und Ehegatten. Letztere haben einen gesetzlichen Erbanspruch, der mindestens ein Drittel umfasst, und sind zudem berechtigt, mit oder ohne Testament einen Pflichtteil zu fordern. Ihre rechtliche Stellung im Erbrecht ist somit erheblich stärker als die von Lebensgefährten.
Erbrecht der Kinder von Lebensgefährten
Kinder, die von einem Lebensgefährten in die Beziehung eingebracht werden, ohne dass eine Adoption stattgefunden hat, besitzen kein Erbrecht gegenüber dem Lebensgefährten. Aufgrund des fehlenden rechtlichen Verwandtschaftsverhältnisses sind sie von der Erbfolge gänzlich ausgeschlossen. Es findet in diesem Zusammenhang auch keine Repräsentation statt. Das heißt, wenn zB der Lebensgefährte der eignen Mutter verstirbt, hätte die Mutter ein Erbrecht, wenn es sonst keine Verwandten gibt. Ist die Mutter aber vorverstorben erbt ihr Kind nicht, wenn dieses Kind weder das leibliche Kind des Lebensgefährten ist oder von diesem adoptiert wurde. Das Erbrecht der vorverstorbenen Mutter geht also nicht im Wege der Repräsentation auf das Kind über. Es ist in diesen Fällen daher sehr wichtig ein Testament zu erreichten, wenn man dem Kind des Lebensgefährten etwas hinterlassen möchte.
Wohnrecht nach dem Tod des Lebensgefährten
In Österreich sichert das Gesetz Lebensgefährten nach dem Tod des Partners ein temporäres Wohnrecht zu. Dieses Recht, auch als gesetzliches Vorausvermächtnis bekannt, gewährt dem Lebensgefährten das Recht, für die Dauer eines Jahres ab dem Todestag in der Wohnung des Verstorbenen zu bleiben. Dieses Wohnrecht besteht unabhängig davon, ob dem Lebensgefährten auch ein gesetzliches Erbrecht zukommt, also auch dann, wenn es zB andere Verwandte gibt, die erben. Diese Regelung soll den plötzlichen Verlust des Lebensumfelds abmildern und bietet einen kurzfristigen Schutz. Nach Ablauf des Jahres endet der Anspruch in der Wohnung des Verstorbenen wohnen zu dürfen.
Das Wohnrecht steht dem Lebensgefährten nur zu, wenn er in den letzten drei Jahren mit dem Verstorbenen in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Zudem darf der Verstorbene nicht verheiratet gewesen sein, da das Vorausvermächtnis in diesem Fall dem Ehegatten zusteht. Die Ehe des hinterbliebenen Lebensgefährten spielt dabei keine Rolle.
Eigentumswohnungen im Miteigentum von Lebensgefährten
Bei Eigentumswohnungen, die im Miteigentum von Lebensgefährten stehen, erwirbt der überlebende Lebensgefährte automatisch den Anteil des Verstorbenen, sodass die Wohnung ihm allein gehört. Eine abweichende Vereinbarung über die Wohnungseigentümerschaft nach dem Tod eines Partners kann nur schriftlich vor einem Rechtsanwalt oder Notar getroffen werden (§ 14 Wohnungseigentumsgesetz WEG). Solche § 14 WEG-Vereinbarungen ermöglichen es, den Hälfteanteil des Verstorbenen einer dritten Person zu übertragen, anstatt automatisch an den überlebenden Lebensgefährten zu fallen. In vielen Fällen vereinbaren Lebensgefährten, dass ihr jeweiliger Hälfte-Anteil an ein Kind oder Stiefkind übertragen wird.
Die automatische Übertragung des Hälfteanteils der Wohnung an den Lebensgefährten ist für diesen nicht kostenfrei. Der übernehmende Lebensgefährte muss der Verlassenschaft einen sogenannten Übernahmspreis in Höhe der Hälfte des Verkehrswerts der Wohnung zahlen. Lebensgefährten, die im Gegensatz zu Ehegatten nicht pflichtteilsberechtigt sind, müssen den vollen Übernahmspreis entrichten, ohne die Möglichkeit einer Preisreduktion oder Stundung, die das Gericht für bestimmte privilegierte Personen vorsehen kann. Ist der Lebensgefährte ohnehin Alleinerbe, so besteht diese Zahlungspflicht nur gegenüber ihm selbst und fällt damit faktisch aus. Gibt es andere Erben besteht diese Zahlungspflicht Ihnen gegenüber entsprechend ihrer Erbquote.
Falls der hinterbliebene Lebensgefährte den anderen Hälfteanteil der Wohnung nicht übernehmen möchte oder kann, besteht die Option, darauf zu verzichten. In diesem Fall wird die Wohnung versteigert, und der Lebensgefährte erhält seinen Anteil des Erlöses.
Es ist gesetzlich möglich, dass der Verstorbene mittels letztwilliger Verfügung die Zahlungspflicht für den Übernahmspreis der Wohnung erlässt. Hat der Verstorbene daher ein Testament erreichtet und darin festgehalten, dass der Lebensgefährte keinen Übernahmspreis für den Hälfteanteil der Wohnung zahlen muss, entfällt die Zahlungspflicht des Lebensgefährten an die Verlassenschaft. Zudem ist es möglich, den Hälfteanteil der Wohnung durch eine Schenkung auf den Todesfall an den Lebensgefährten zu übertragen. Auch dadurch entfällt die Zahlungspflicht. Es steht dem hinterbliebenen Lebensgefährten und die übrigen Erben auch frei sich einvernehmlich auf einen niedrigeren Übernahmspreis zu einigen.
Mietwohnungen und Eintrittsrecht des Lebensgefährten
Bei einer vom hinterbliebenen Lebensgefährten gemieteten Wohnung ändert sich durch den Tod nichts am bestehenden Mietvertrag. War der Verstorbene der Mieter, endet der Mietvertrag nicht von selbst mit seinem Tod. Der Lebensgefährte tritt automatisch in den Mietvertrag ein, sofern er mindestens drei Jahre vor dem Todeszeitpunkt mit dem Verstorbenen in der Wohnung gelebt hat oder beide zusammen eingezogen sind. Zudem muss der Lebensgefährte auch ein dringendes Wohnbedürfnis haben.
Möchte der Lebensgefährte die Wohnung nicht übernehmen, besteht Innerhalb von 14 Tagen nach dem Tod des Hauptmieters die Möglichkeit, dem Eintritt in das Mietverhältnis zu widersprechen. In diesem Fall fällt das Mietrecht in die Verlassenschaft und geht an die Erben über. Sowohl Vermieter als auch Erben haben in diesem Fall ein besonderes Kündigungsrecht.
Pflegevermächtnis für Lebensgefährten
In Österreich besteht die Möglichkeit eines gesetzlichen Pflegevermächtnisses für Lebensgefährten, die den Verstorbenen innerhalb der letzten drei Jahre vor dessen Tod mindestens sechs Monate lang nicht nur geringfügig gepflegt haben. Die Pflege muss nicht professionell sein, sondern umfasst alltägliche Betreuungs- und Hilfsleistungen. Ein Pflegeumfang von etwa 20 Stunden im Monat gilt als nicht geringfügig. Das Pflegevermächtnis wird unabhängig von der Höhe eines eventuellen Pflegegeldes oder dem Wert der Verlassenschaft gewährt, sofern keine Vergütung für die Pflegeleistungen erhalten wurde. Näheres zum Pflegevermächtnis lesen Sie hier.
Testamentarische Erbeinsetzung
Die sicherste Möglichkeit einem Lebensgefährten etwas zu hinterlassen ist ein Testament. Lebensgefährten können durch ein Testament als Alleinerben eingesetzt werden oder man kann Ihnen bestimmte Gegenstände oder einen bestimmten Vermögenswert hinterlassen. Wie in anderen Fällen auch sind dem testamentarischen Freiraum durch das Pflichtteilsrecht Grenzen gesetzt. Pflichtteilsberechtigt sind direkte Nachkommen und Ehegatten des Erblassers, die Anspruch auf einen bestimmten Teil der Verlassenschaft haben. Hat der Verstorbene Kinder müssen deren Pflichtteile bei der Errichtung eines Testamentes mitbedacht werden.
Es ist aber auch möglich, dem Lebensgefährten über ein Vermächtnis (auch Legat genannt) bestimmte Gegenstände, wie ein Auto, eine Wohnung oder einen Geldbetrag, zu hinterlassen. Der Lebensgefährte hat dann einen direkten Anspruch gegen die Erben auf Herausgabe des vermachten Gegenstandes.
Wie kann ein Rechtsanwalt helfen?
Als auf Erbrecht spezialisierte Rechtsanwältin kann ich Ihnen bei rechtlichen Fragen rund um Erbschaftsansprüche und die Unterschiede zwischen Lebensgefährten und Ehegatten im österreichischen Erbrecht eine wesentliche Unterstützung bieten. Ich bin Ihnen gerne dabei behilflich Ihre Rechte und Pflichten zu verstehen, insbesondere in komplexen Situationen ohne Testament oder bei der Gestaltung testamentarischer Verfügungen. Als Rechtsanwältin für Erbrecht kann ich Sie umfassend beraten, wie Sie als Lebensgefährte durch testamentarische Anordnungen abgesichert werden können oder welche Ansprüche Ihnen als pflegender Angehöriger zustehen und dabei helfen, die Voraussetzungen und den Umfang solcher Ansprüche zu klären. Zudem kann ich Sie dabei unterstützen, die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Wohnrecht nach dem Tod Ihres Partners, die Übernahme von Wohnungseigentum und die Regelungen bei Mietverhältnissen zu navigieren. Gerne setze ich Ihnen diesem Zusammenhang auch entsprechende Verträge auf. Ich Sie bei der Formulierung von Testamenten oder Vermächtnissen unterstützen und dabei sicherstellen, dass die testamentarischen Wünsche rechtsgültig sind und den Pflichtteilserfordernissen genügen. Darüber hinaus stehe ich Ihnen gerne bei der Klärung von Fragen im Verlassenschaftsverfahren, wie etwa zum Zugang von Konten im Sterbefall oder der Nutzung eines gemeinsamen Fahrzeuges, zur Seite stehen.
Manche Familiensituationen können erbrechtlich betrachtet sehr verstrickt sein. Bei Fragen zum Thema Erbrecht und Testament vereinbaren Sie gerne einen Termin für ein Erstgespräch.
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